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Edelgard Struss

Hausfrau

   Wird die Modder, ihs Omma, das Tantchen, wird jede Frauenstimme im Dorf vergeblich hinterdreinplirren: Wu dann hie? Wann zarreck? Aus weiter Ferne und ohne Hoffnung auf Antwort, immer bleibt sie zurück. Murmelt sich Trost zu und fängt an, gewohnheitsmäßig die Hinkeln, die beweglichen Hühner im Hof zu zählen. Das dauert: bis in den nächsten Herbst hinein kann das dauern. Weil die unvernünftigen Hinkeln nicht stillhalten können und sie sich deshalb immer wieder verzählt und muß dazwischen doch auch noch zum Bäcker, zum Metzger, in den Kaufladen, in den Keller und die ewige heutige Abendsuppe aufsetzen, den Brotteig ansetzen, Strümpfe stopfen, die vergänglichen Socken für eine zwölffüßige Familie. Muß melken, das Vieh füttern, Waschtag halten, Obst einmachen, Gelee kochen, Apfelmus, Marmelade und Hoink, das ist Pflaumenmus. Muß Heu machen, das Unglück beschwätzen, Holz hacken, täglich im Garten kriechen mit krummem Rücken - eben noch Anfang März und im nächsten Augenblick, wenn sie aufblickt, ist schon wieder Ende November. Und fängt jedesmal wieder von vorn an zu zählen, sooft sie über den Hof geht.

 
S. 136, Fußnote aus: Peter Kurzeck, Kein Frühling. Roman, © Stroemfeld Verlag Frankfurt am Main, Basel 2.2007
Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags: www.stroemfeld.com