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Edelgard Struss

Imker

   Der weiße Mantel ist für den Imker ein Schutz insofern, als die Bienen durch einen weißen, glatten Stoff am wenigsten zu Stechen gereizt werden. Der Anzug besteht aus Bluse und Hose, er schützt also auch die Beine. Zwar tragen mein Vater und ich bei der Arbeit selten Schleier und Handschuhe, aber wir halten die Schutzkleidung griffbereit, denn es gibt immer wieder Arbeit an den Magazinen, bei denen auch der erfahrene, stichgewohnte Imker Schleier und Handschuhe nicht verschmäht. Wenn wir die Bienen beim Arbeiten ruhig halten wollen, so blasen wir eine leichte Rauchwolke in die Beute. Die Imkerpfeife besitzt ein einfaches Kugelventil, das das Einatmen unmöglich macht. Sie wird von oben gefüllt und von unten angezündet. Dann wird der Rauch bei Bedarf ins Volk geblasen. Den „Smoker“ bedienen wir mit einem Blasebalg. Das Gerät wird mit morschem Weidenholz gefüllt, unter das wir getrocknete Minze mischen, damit der Rauch uns selbst nicht zu sehr belästigt. Außerdem bedienen wir uns eines Wassersprühgerätes. Durch eine feine, staubförmige Dusche lassen sich erregte Bienen, die auf Rauch nicht mehr ansprechen, schnell beruhigen. Auch beim Übersprühen der Waben mit einer Zuckerlösung, was unter bestimmten Umständen notwendig ist, verwenden wir es. Für den Querbau ist die Wabenzange unentbehrlich, denn ohne sie lassen sich die Waben nicht herausnehmen. Waben im Längsbau ziehen wir ohne Werkzeug heraus, gegebenenfalls lockern wir sie zuvor mit dem Stoßmeisel. Besser ist es jedoch, wenn wir den sogenannten Rähmchenzieher für Blätterstöcke verwenden. Der Stockmeisel dient zum Lockern fest verkitteter Waben und Fenster und zum Abstoßen festsitzenden Kittharzes oder Wachses. Das Stoßmesser wiederum ist gewissermaßen ein verlängerter Stockmeisel mit einem Haken am anderen Ende. Wir können damit sowohl den Wildbau über den Waben entfernen als auch mittels des Hakens die Nuten reinigen, in denen beim Querbau die Rähmchen hängen. Den Spatel brauchen wir zum Abkratzen von Kittharz, zum Reinigen des Sonnenwachsschmelzes und zu allerlei Lockerungs- und Reinigungsarbeiten. Ferner benötigen wir ein Messer, das für verschiedene Zwecke unentbehrlich ist. Es genügt ein einfaches Küchenmesser, das gut in der Hand liegt. Der Bodenbrettreiniger dient zum Säubern des Bodenbrettes von Abfall und von toten Bienen, eine Arbeit, die hauptsächlich im Frühjahr notwendig ist. Mancher Imker verwendet einen Besen, zum Abkehren der Bienen von den Waben, aber auch zum Ausfegen der Beute. Mein Vater und ich ziehen eine Gänsefeder vor. Wir nehmen dazu die großen Schwungfedern des Flügels, deren Fahne wir kurz schneiden. Jedes Volk erhält aus hygienischen Gründen seine eigene Feder. Der Gänseflügel selbst eignet sich besonders zum Auskehren von Bauten. Manchmal sind wir genötigt, die Bienenkönigin abzufangen, dafür benützt man zumeist einen eigenen Fänger. Wir jedoch tun dies mit den Fingern, weil wir wissen, wie wir mit der Bienenkönigin umgehen müssen. Ist man nicht geschickt genug, erhält die Weisel für die geruchsempfindlichen Bienen einen Fremdgeruch, und es kann vorkommen, daß sie abgestochen werden. Ferner führen wir in unserem Werkzeugkasten einen Hammer, eine Zange, Schraubenzieher und Nägel mit uns.

 
S. 210 - 211 aus: Gerhard Roth, Landläufiger Tod. © S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 1984 Alle Rechte vorbehalten – Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags