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Edelgard Struss

Manager von Supermärkten

   Zuerst immer dienstags die Prospekte. Der Dienstag ist gut, sagen die Manager. Das ist der richtige Tag. Die Konkurrenz schläft noch und selbst ist man zeitig dran. Und dann hat die Kundschaft die Prospekte und kann in Ruhe ihren wöchentlichen Großeinkauf planen. Planen und vorbereiten. Dann die Konkurrenz. Die Konkurrenz mittwochs. Dann hat die Kundschaft die anderen schon durch. Schon durch oder noch gar nicht angesehen – und unsre natürlich aktueller! sagen die von der Konkurrenz. Tolle Auswahl! Superpreise! Das sehen die ersten sich eine Weile mit an und dann machen sie den zweiten Prospekt, der immer donnerstags kommt. Noch aktueller! Ein paar ausgewählte Artikel noch mal extra heruntergesetzt, um sich selbst (ihren Dienstagsprospekt) und die Konkurrenz von gestern deutlich zu übertrumpfen, indem sie sich und sie radikal unterbieten! Und die Konkurrenz? Besiegt! Sprachlos! Zweimal wöchentlich – damit haben die nicht gerechnet! Die Woche drauf auch wieder! Genauso! Und die Umsätze sprunghaft angestiegen! Ist dieser Sieg also schon der Endsieg? Die Sieger noch eine Woche als unbestrittene Sieger! Und dann kommen die Mittwochleute mit einem Freitagsprospekt! In letzter Minute! Auffällig die Lockangebote! Kann man ihnen leider nicht verbieten! Soll man zeitgleich? Freitag ist optimal! Später als Freitag geht nicht. Viele kaufen Freitag nach der Arbeit ein. Freitag eher Schluss. Nur kurz heim, die Frau abholen oder treffen sie sogar in der Stadt oder vorm Supermarkt. Nicht nur das Fernsehen allein, sagte ich, Fernsehen und Supermarkt haben das Kino abgelöst. Für manche, die freitags einkaufen, kommt der Freitagsprospekt sogar schon zu spät. Oder haben ihn mit, aber nicht gelesen. Nicht oder nur flüchtig. Sind schlecht vorbereitet. Mangelhaft. Ungenügend. Also, sagen die Dienstagleute, die inzwischen die Donnerstagleute sind, also doch nicht so hoffnungslos abgeschlagen. Und wer weiß, ob die Konkurrenz (dumm und skrupellos!) sich nicht ab und an gehörig in die eigenen Taschen lügt. Und, sagen die Werbeleute und Marktpsychologen zu den Managern, warum nicht Freitagnachmittag noch schnell einen Stapel Handzettel mit drei oder vier oder zehn Preisknüllern? Jede Woche andere! Immer in letzter Minute! Supersonderangebot! Niedrigstpreise! Können ganz einfache Zettel – sogar ohne Abbildung! Sollen direkt beim Eingang! Griffbereit! Immer neu! Kostet fast nix! Konkurrenzlos billig! Ja, sagen die Manager, nicht schlecht! Wirklich toll! Haben wir auch schon dran gedacht, sagen sie und reiben sich die Hände. Umsatz steigern! Werbung! Die Prospekte! Extra Einkaufsmusik! Die Mitarbeiter mit Prämien und Drohungen motivieren, damit sie neu aktiviert werden! Jeder Diebstahl wird zur Anzeige! Die Einkaufsmusik noch besser als früher! Animation! Auch größere Einkaufswagen! Paßt mehr rein! Psychologisch! Sind leichter zu schieben! Sanft und lautlos! Also nicht aufgeben! Nur weiter so jede Woche! Von Sieg zu Sieg! Nur schade, da? Man die Kundschaft an den Einkaufswagen noch nicht fernsteuern kann!

 
S. 459 – 460 aus: Peter Kurzeck, Vorabend. Roman. Frankfurt am Main und Basel: Stroemfeld Verlag 2.2011. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags