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Edelgard Struss

Schmied

   Teodoros Vater war schon Schmied. Er hat die Werkstatt aufgebaut und bis zum Lebensende in ihr gearbeitet. "Er hatte keine Rente, und ich habe auch so gut wie keine. Ich werde auch bis an mein Lebensende arbeiten müssen." Als er vom Militärdienst in Übersee zurückkam, hatte Teodoro die Chance, eine andere Anstellung zu finden. "Aber mein Vater war alt, ich konnte ihn nicht im Stich lassen. Ich war bis zum Schluß seine rechte Hand." Mit siebzig wurde Teodoros Vater herzkrank. Er benötigte einen Herzschrittmacher, war nicht versichert. Teodoro bezahlte sechs Monate lang die Krankenhauskosten, auf Raten. Doch der Vater sollte nicht mehr lange leben. Am Ende konnte er nicht mehr arbeiten, kam aber jeden Tag in die Werkstatt, und der Sohn zahlte ihm jeden Monat die Hälfte des Gewinns aus, "damit er sich unabhängig fühlte".
   Nach der Nelkenrevolution vom 25. April "kamen hier ein paar Männer von der Gewerkschaft an und meinten, sie wollten meinem Vater die Schmiede wegnehmen, weil er Arbeitgeber sei. Ich habe ihnen geantwortet: Ihr könnt mich mal! Meint Ihr wirklich, ein siebzigjähriger Mann, der immer noch arbeitet, ist ein Faschist? Ich bin im Krieg gewesen und hatte damals keine Angst. Ihr könnt mir erst recht keine Angst einjagen. Höchstens brate ich euch eins mit meinem Schmiedehammer über. Seht ihr nicht, daß ich nichts habe? Wenn ihr etwas mitnehmen wollt, dann nehmt meine Schuhe. Die sind eh schon kaputt." So erlebt der Schlosser Teodoro de Jesus Guimaraes den 25. April 1974. Was er damals hatte, hat er heute noch: seine Leidenschaft und seine Ideen. Und das kann man einem Menschen nicht nehmen.

 
S. 121 aus: Paulo Moura, Portugals Hinterland. In: Lettre International Nr. 80, Frühjahr 2008, Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags: www.lettre.de