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Edelgard Struss

Scholderer

   Schließlich standen wir auf und kamen auf den Spielplatz, wo man um die Wette würfelte und alle Flüche in hunderttausend mal tausend Galeeren und Schnellseglern, tonnenweise und stadtgräbenvoll daherpoltern ließ. Der Platz war ungefähr so groß wie der Alte Markt in Köln. Überall hatte man Mäntel ausgebreitet und Tische aufgestellt, und alle waren von Spielern umringt. Jede Gruppe hatte drei von diesen eckigen Teufelsknöcheln, denen die Leute ihr ganzes Glück anvertrauten, denn sie sollten Ihnen das Geld teilen, es dem einen zuschieben und dem anderen wegnehmen. Außerdem gehörte zu jedem Mantel oder Tisch ein Schinder oder vielmehr Scholderer, der den Schiedsrichter machte und darauf achten sollte, dass niemandem Unrecht geschah. Diese Scholderer liehen auch die Mäntel, Tische und Würfel aus und wussten ihren Anteil vom Gewinn so geschickt einzunehmen, dass sie dabei gewöhnlich das meiste Geld einsackten. Aber viel hatten sie nicht davon. Meistens verspielten sie es wieder, und wenn sie es mal gut anlegten, dann beim Marketender oder beim Feldscher, denn diese Scholderer bekamen oft eins auf die Mütze, so dass an ihren Köpfen immer viel zu flicken war.

 
S. 56 - 57 aus: Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen, Der abenteuerliche Simplizissimus Deutsch. Aus dem Deutschen des 17. Jahrhunderts von Reinhard Kaiser. © Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2.2009 - Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags